letzte gt-party: 03.04.09

Katerstimmung

Liebe Freund_innen der Genderterror!

Am Freitag, dem 3. April, wird die Genderterror-Party bis auf Weiteres zum letzten Mal stattfinden. Nachfolgend ein erster Versuch der Erklärung:

Die Genderterror hat sich immer als nicht-kommerzielle, politische Queer-Party verstanden. In der Orga-Gruppe herrschte ein Grundkonsens über zwei Punkte: Wir wollten mit der Party einen Freiraum schaffen für alle, die sich nicht in herkömmliche Schubladen stecken lassen wollten, für FrauenLesben, Schwule, Transgender und andere Queers. Einen Raum frei von Rassismus, Sexismus und Homophobie. Und wir wollten eine Party machen, bei der die herkömmliche Trennung zwischen Gästen und Veranstalter_innen aufgehoben wird. Beide Ansprüche sind uns im Lauf der Zeit leider immer stärker entglitten.

Zum ersten Punkt: Wenn wir von einem queerpolitischen Freiraum sprechen, dann meinen wir nicht, das jede_r tun und lassen kann, was er will, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir wollten einen Raum schaffen, in dem jede_r seine_ihre eigenen Grenzen ziehen kann und in dem jede_r die Grenzen des_der anderen respektiert. Leider ist dieser Aspekt der Genderterror immer weiter in den Hintergrund gerückt. Zum Teil war das der Größe der Party geschuldet, aber ein Teil der Zwischenfälle geht auch auf Gäste zurück, die ganz einfach auf der falschen Party gelandet waren. So wurden Partygäste wegen ihrer Sexualität oder ihres (nicht klar zu erkennenden) Geschlechts offen diskriminiert. Im Jahr 2008 haben wir die meiste Energie auf Sicherheitsfragen verwenden müssen. Eine Queer-Party, auf der wir Queers vor Übergriffen von Mackern schützen müssen, verdient den Namen nicht mehr.
Außerdem scheint vielen Heteros und anderen sich als eindeutig-geschlechtlich Definierenden, jegliche Sensibilität und ein Bewusstsein für den Umgang mit Heteronormativität zu fehlen. Gerne feiern wir mit allen Menschen zusammen, aber es sollte auch klar sein, auf wessen Party sich jemand gerade befindet und einen Unterschied bemerken, ob er_sie mitfeiert oder die Party (zum Teil) dominiert. Heteronormativität reproduziert sich nunmal auch ohne dies gezielt zu wollen, ebenso wie Sexismus, Rassismus, Homophobie, etc. Ein reflektierteres Handeln hätten wir uns bei vielen Gästen sehr gewünscht!

Zum zweiten Punkt: Was in den ersten Jahren der Genderterror exzellent funktioniert hat, ist immer weiter aus den Fugen geraten. Immer weniger Helfer_innen kamen auf immer mehr Gäste. In der Anfangszeit haben sich Gäste wie selbstverständlich für eine Zeit hinter die Theke gestellt oder Kasse gemacht. Bei einer Party mit den heutigen Gästezahlen ist das so nicht mehr möglich. Der Anreiz, unbezahlt eine solche Schicht zu übernehmen, ist auf einer Party dieser Größenordnung auch kaum mehr vorhanden. Viele von uns haben sich immer mehr in die Rolle eines Dienstleisters gezwängt gefühlt, was wir nie sein wollten. Am Ende jeder Party haben dann drei bis sechs Leute den Müll von mehreren hundert Leuten weggeräumt.

Die Entscheidung, die Partyreihe zu beenden, ist uns nicht leicht gefallen. Schon im Mai 2007 haben wir uns zu einem zweitägigen Treffen nach Bielefeld zurückgezogen, um über den damaligen Zustand und die Zukunft der Party zu sprechen. Schon damals fühlten sich einige der Organisator_innen auf ihrer eigenen Party nicht mehr wohl. Damals hatten wir jede Menge Ideen gesammelt, um die Party wieder zu einer queeren, politischen Party zu machen.

Damals sind wir in Aufbruchstimmung auseinander gegangen. Seitdem sind zwei Jahre vergangen, in denen die Situation nicht besser wurde, sondern eher eskalierte. In kleinen Schritten ist die Party Monat für Monat etwas voller geworden und das Profil etwas wässriger. Der Anteil jener Gäste, die die Genderterror als billige Saufparty missverstanden haben, ist stetig größer geworden.

Im Juni 2008 haben wir die Party ausfallen lassen und stattdessen eine öffentliche Diskussion über die Zukunft der Genderterror veranstaltet. Dieser letzte Versuch, das Ruder herumzureißen, hat leider auch nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. Viele Gäste hatten sich damals an der Diskussion beteiligt und wertvolle Anregungen gegeben. Der_Die ein oder andere ist über diesen Termin zu der Gruppe gestoßen. Doch am Erscheinungsbild der Party hat das wenig geändert.

In den letzten Monaten ist uns immer deutlicher geworden, dass die Genderterror nicht mehr zu reformieren ist. Jeder Versuch der Kommunikation über das Profil der Party scheiterte an der schieren Masse der Besucher_innen. Mit der Genderterror wollten wir eine Idee vorantreiben. Stattdessen sind wir immer mehr zu Getriebenen geworden. Der politische Anspruch ist immer weiter hinter eine Pragmatik zurückgetreten, bei der es am Ende nur noch darum ging, trotz chronischer Unterbesetzung die nächste Party über die Bühne zu bringen.

Viele von uns haben die Frage, ob sie weiter mitmachen möchten, über Monate und Jahre aufgeschoben. Am Ende haben nicht wenige mechanisch weitergemacht, obwohl sie innerlich längst mit der Party abgeschlossen hatten. Für uns kam nun eine Zeit, in der wir diese Konflikte auflösen mussten und wir haben beschlossen, ihn in dieser Art und Weise aufzulösen.

Wir sind uns darin einig, dass die Region eine queere Party braucht, und viele von uns wollen weiter daran mitwirken, eine solche Party auf die Beine zu stellen. Aus oben genannten Gründen können wir uns aber nicht (mehr) vorstellen, dass eine solche Party evolutionär aus der Genderterror hervorgehen kann. Damit wir mit jenen, die sich einbringen wollen, in Kontakt bleiben können, werden wir als Gruppe erst einmal bestehen bleiben. Die Website wird weiter online sein, und über unsere Mail-Adresse werden wir weiter zu erreichen sein.

Die Genderterror wird nicht von heute auf morgen aus der Welt sein. Im Mai wird gegen 22 Uhr ein Konzert von Rae Spoon stattfinden. Im Juni wird es einen Vortrag von Georg Klauda zum Thema „Heteronormalisierung in der islamischen Welt“ geben. An beiden Abenden möchten wir im Anschluss einen gemütlichen Kneipenabend veranstalten. Die gewohnte Partyreihe läuft aber mit dem April aus. Details folgen dann auf der Website.

Wir haben immer viel Wert auf Rückkopplung und Dialog gelegt. Also mailt uns bitte Euer Feedback oder was immer Ihr schreiben wollt an: nospam_mail@genderterror.de („nospam_“ entfernen!). Ausserdem arbeiten wir daran die Kommentarfunktion zu diesem Text freizuschalten.

Ein großes Danke geht an alle, die – teilweise schon seit Jahren, teilweise erst seit kurzem – immer wieder mitgeholfen haben, die Party stattfinden zu lassen, die sich – auch ohne im Kern der Orga-Gruppe zu sein – immer als Teil der Genderterror verstanden haben und fleißig Schichten an der Kasse oder Theke, beim Auf- und Abbau übernommen haben. Wir hoffen, Euch auch in Zukunft regelmäßig zu sehen und in Kontakt zu bleiben!

!!! letzte genderterror-party !!!
Freitag, 03. April 2009
Beginn: 22Uhr – Eintritt: 1,50 €
AZ Mülheim

2 Antworten zu “letzte gt-party: 03.04.09”

  1. genderterror sagt:

    Hier könnt Ihr Eure Kommentare hinterlassen!

  2. […] Bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter mit einer neuen Party bei gleichem Leitgedanken wieder klein anfangen kann. Zuletzt war die genderterror eben nur noch eine sehr gute Party, die eigentlich mehr sein wollte. Das komplette Statement findet sich hier. […]

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